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  • AutorenbildGTA Journalistik am JAH DD

Gespräch mit einer Förderschullehrerin




Isabella Mädger hat ihre Mutter, die Förderschullehrerin Lydia Mädger, zum Thema Besonderheiten einer Förderschule im Unterschied zu einem Gymnasium aus der Perspektive einer Lehrerin interviewt. Zusätzlich wurden auch einige Fragen aus aktuellem Anlass zum Thema Corona-Virus gestellt.


Hinweis: Zum Zeitpunkt des Interviews / der Fotos gab es noch keine Abstandsregelung!


Isabella: An welcher Förderschule arbeitest du?


Frau Mädger: Ich arbeite am Förderzentrum Dinglingerschule. Das ist eine Schule für Lernförderung.

Isabella: Was unterrichtest du?


Frau Mädger: Ich unterrichte die Fächer Chemie und Werken.

Isabella: Welche Klassenstufen unterrichtest du?


Frau Mädger: Momentan unterrichte ich die Klassen 4,5 und 6 in Werken und die Klasse 8 in Chemie. Aber das ist jedes Jahr verschieden, je nach Stundenplan.

Isabella: Welche Klassenstufen unterrichtest du am liebsten?


Frau Mädger: Das ist nicht so einfach zu beantworten, da ich Chemie in den großen Klassen unterrichte und Werken in den kleinen Klassen. Das bedeutet, dass jede Klasse ihre Herausforderung hat. Die kleinen Klassen müssen praktisch tätig werden, was den Schülern im Allgemeinen mehr Spaß macht als sitzen und schreiben zu müssen. Aber meine Schüler sind sehr schnell demotiviert bis frustriert, und so kann auch das praktische Arbeiten mit den Schülern sehr herausfordernd werden.

Das gilt aber auch bei den großen Klassen. Da höre ich oft: Wieso müssen wir das wissen /lernen?

Ich glaube, das kennen aber viele Lehrer.


Isabella: Was unterrichtest du am liebsten?


Frau Mädger: Ich unterrichte beide Fächer sehr gern.

Isabella: Welches Fach vertrittst du am liebsten?


Frau Mädger: Geschichte und Biologie vertrete ich gern. Beide Fächer mag ich sehr, und habe sie auch in meiner Schulzeit schon als Leistungsfächer gewählt.

Isabella: Warum wolltest du Förderschullehrerin werden?


Frau Mädger: Der Wunsch Förderschullehrerin zu werden bzw. zu sein, hat sich erst in den letzten Jahren entwickelt. Ich habe zuerst einen ganz anderen Beruf studiert und besitze deswegen auch einen Abschluss als Dipl.Restauratorin. Während dieser Arbeit habe ich Praktikanten ausgebildet und gemerkt, dass mir das Lehren und der Umgang mit jungen Menschen viel Spaß macht.

Ich arbeite jetzt seit 4 Jahren als Förderschullehrerin.

Isabella: Wie sieht der Alltag einer Förderschullehrerin aus?


Frau Mädger: Eine Förderschullehrerin muss ihren Unterricht genauso vorbereiten wie jeder andere Lehrer auch. Es gibt aber Unterschiede. An meiner Schule besitzen viele Schüler unterschiedliche Lernvoraussetzungen durch z.B. große Leseschwächen, Deutsch nicht als Muttersprache, Autismus, Aufmerksamkeitsdefizite und Verhaltensauffälligkeiten. Auf diese Schwächen und Defizite muss ein Lehrer eingehen. Das heißt, er muss differenziert unterrichten. So muss ich meinen Unterricht sehr kleinschrittig gestalten, sodass jeder Schüler die Chance bekommt, im Unterricht auch mitzukommen. Das bedeutet aber auch, dass ich unterschiedliche Arbeitsblätter für einzelne Schüler anfertigen muss.

In der Schule müssen wir sehr häufig verbale und auch körperliche Auseinandersetzungen in allen Klassenstufen schlichten und auch sanktionieren.


Isabella: Gibt es Schüler, die besonders sind?


Frau Mädger: Ich glaube jedes Kind ist etwas Besonderes.

Isabella: Wie unterscheidet sich das Schulkonzept von anderen Schulen?


Frau Mädger: Eine Förderschule unterrichtet Schüler von der 1. bis zur 9.Klasse. Dabei wird besonders auf die Lernbedürfnisse der Schüler mit Lernschwächen eingegangen, wie z.B. kleine Klassen mit max. 16 Schülern. Der Stoffinhalt wird oft wiederholt, sodass die Grundschüler 4 Jahre benötigten, bis sie das gesamte Alphabet kennengelernt haben.

Der Lehrer muss auf jeden einzelnen Schüler eingehen und gegebenfalls Stoffinhalte anderes abfragen z.B. durch Ankreuzen von Bildern oder ausschließlich mündliche Abfragen, wenn der Schüler sehr schlecht lesen und schreiben kann. Das kann durchaus auch in Kl.8 vorkommen.

Zusätzlich sind wir auch eine DAZ-Schule. Wir unterrichten sehr viele Schüler mit Migrationshintergrund, die schlecht Deutsch sprechen in zusätzlichen DAZ-Unterrichtsstunden (DAZ = Deutsch als Zweitsprache).

Den Schülern wird ein lebensnaher Unterricht angeboten mit viel Praxis, wie Hauswirtschaft (Kochen, Nadelarbeit) und Arbeitslehre (z.B. Holz und Metallbearbeitung, ...), so dass die Schüler gut auf den Lebensalltag vorbereitet werden.

Isabella: Seit dem 16. März ist die Schulpflicht ausgesetzt. Bei welchen Klassen waren die wenigsten Schüler da?


Frau Mädger: Es waren insgesamt nur wenige Schüler da. Vor allem waren aber Schüler aus den Klassen 2-5 da. Die großen Schüler kommen ja alleine Zuhause zurecht.

Isabella: Wie ging die Schulleitung mit der Situation durch den Corona-Virus um?


Frau Mädger: Wir wurden durch unsere Schulleitung per Email immer auf dem Laufenden gehalten. Es ist eine merkwürdige Situation, denn keiner wusste, wie das alles funktioniert. Aber die Schulleitung hat alles sehr gut organisiert.

Isabella: Wie gehen die Schüler mit dem Virus um?


Frau Mädger: Vor allem die jüngeren Schüler sind/ waren verunsichert und mussten bisweilen beruhigt werden.

Isabella: Wie spiegelt sich der Corona-Virus auf die Unterschiede der Schulen wider?


Frau Mädger: Da unsere Schüler nur selten PC´s zuhause besitzen, ist das digitale Versenden/Bearbeiten von Aufgaben bei uns so gut wie nicht möglich. Die Lehrer haben dicke Hefte mit Arbeitsblattkopien angelegt, die die Schüler in der unterrichtsfreien Zeit erledigen sollen. Diese Pakete haben sich die Schüler abgeholt oder wurden ihnen in den Briefkasten gesteckt.

Digitalisierung der Schulen - aller Schulen - wird ein großes Thema werden. Vorrausetzungen zu schaffen, dass wirklich jeder Schüler unabhängig seiner sozialen Herkunft auch die Möglichkeit erhält, die digitalen Angebote und Möglichkeiten nutzen zu können.

Isabella: Hattest du schon mal Sonderferien?


Frau Mädger: Das sind ja keine Ferien im ursprünglichen Sinn. Ich hatte als Schüler keine Sonderferien. Ich hatte mal Kältefrei. Das ist wie Hitzefrei, nur im Winter. In dem Winter waren die Kohlen auf dem Schulhof eingefroren und so konnte die Schulheizung nur sehr eingeschränkt befeuert werden. Wir hatten nur 4 Stunden am Tag und eine Stunde dauerte nur 30 min. Das war aber noch in der DDR.


Isabella: Was bedeutet für dich Förderschule?


Frau Mädger: Das Lebensumfeld unserer Schüler ist besonders. Einige Kinder leben in

WG´s oder in Heimen, in sozial schwierigen Familienverhältnissen oder sind aus Kriegsgebieten geflüchtet. Aus diesem Grund verhalten sich die Schüler sehr häufig anders.

Man sollte als Lehrer den Schülern immer Respekt, Zugewandtheit und Herzlichkeit entgegenbringen. Ein gewisser Grad von Verständnis, aber auch klare Regeln sind äußerst wichtig im Umgang mit den Schülern. Denn nichts ist schwieriger für die Schüler, als ein Lehrer, auf den man sich nicht verlassen kann.


Das Interview führte Isabella Mädger, Klasse 5e, am 18.03.2020.


Foto: Isabella Mädger

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